Terra Media Akademie e.V.

interkulturell wissenschaftlich • kreativ

„Wie lebst denn du? - Die Geschichte des Anderen verstehen lernen“

Interkulturelles Praxisforschungsprojekt

Sozial – Emotionales Lernen (SEL) ist alles Andere als graue Theorie. Das zeigt der Verlauf des Begegnugs – Workshops „Wie lebst denn du?“

Die 17- jährige Yara aus dem Bürgerkriegsland Syrien erzählte „Wir sind Christen und viele in unserem Dorf wurden getötet…wir hatten Angst, ganz schreckliche Angst…wollten nur weg vom Terror und Krieg“. Nach einer langen Pause die Reaktion der Jugendlichen aus Sachsen und Bayern: „Wir kennen Krieg nur aus dem Fernsehen… Es ist schwer, sich in eine solche Situation reinzuversetzen…“

Kurz darauf im Kreativ-Raum: Der Tänzer und Choreograph Deniz – in der deutschen und türkischen Kultur zu Hause – motiviert die Jugendlichen, ihre Gefühle, die sie mit Angst verbinden, in Mimik, Gestik und einer damit verbundenen Tanzbewegung zum Ausdruck zu bringen. Das hat das Eis gebrochen. Deutsche und Flüchtlinge, die sich zuvor noch nie begegnet waren, begannen, sich für die Geschichte des Anderen zu interessieren. Eine neue, ihnen unbekannte Welt tat sich ihnen auf, in der sie sich mit Tanz, Theater, Malen und HipHop über alle Sprach- und Kulturgrenzen hinweg verständigten.

 

Das pädagogisch-therapeutische Boxprogramm mit dem Theaterregisseur und Boxcoach Hans fokussierte auf die Wahrnehmung der eigenen Ängste und Emotionen, vermittelte den Jugendlichen Regeln (Keine Trefferregion Kopf), Disziplin und Fairness, die jeden zum Sieger machte. Körperbewusstseins, Gefühlswahrnehmung und die Regulierung der Gefühle wurden gestärkt, denn wer mit Wut im Bauch boxt, wer mit dem Kopf durch die Wand will, steckt oft schwere Treffer ein, auch im Leben ausserhalb des Rings.

Das künstlerische und pädagogische Programm förderte bei den Jugendlichen ein kreatives Selbst- und Welterleben, das die Grenzen der eigenen Erfahrung erweiterte: Sie wurden sich mehr und mehr der eigenen Vorurteile und Rassismen bewußt (Programmteile Wahrnehmung und Vorurteil /Andere Sitten und Gebräuche), lernten mit ihren Emotionen, Ängsten, Stärken und Schwächen und denen der Anderen umzugehen (Programmteil Tanz und pädagogisches Boxen), ebenso Konflikte fair und gewaltfrei zu lösen (Programmteil Im Schuh des Anderen).

Zu einer zentralen Erfahrung wurde für die deutschen Jugendlichen die Begegnung mit einer anderen Kultur in Jordanien, wo – wie sie sagten – Islam und Kopftuch zu Hause sind. Und zu einem einschneidenden Erlebnis ihr Besuch des Flüchlingslagers Za’atari in einer Wüstenregion an der syrischen Grenze. Er löste Empathie und einen kritischen Blick auf Lebensverhältnisse aus, die Menschen veranlasst zu fliehen und Schutz in anderen Ländern zu suchen.

Im Ergebnis entwickelte sich bei allen Teilnehmer*innen * Vertrauen in die eigene kreative Gestaltungs- und Urteilskraft und * Respekt und Empathie für die Lebenswelt des Fremden.

Über Gemeinschaftserfahrungen verankerte sich emotional das Erkennen und die Einsicht

* dass Menschen unterschiedlich, aber gleichwertig sind

* es möglich ist, mit Unterschieden zu leben

* wir voneinander lernen und trotz aller Unterschiede uns gegenseitig respektieren und unterstützen können.

Am Ende des Workshops konnte die 17- jährige Yara aus dem Bürgerkriegsland Syrien ihrer Angst vor rassistische Hetze und Rufen wie Deutschland den Deutschen – Ausländer raus – ob auf Facebook oder auf der Straße – eine neue und ermutigende Erfahrung entgegenstellen: „Ich habe erlebt, dass es hier wirklich viele Leute gibt, die mir das Gefühl geben, dass ich hier auch Heimat finden kann“.

„Wie lebst denn du?“ wurde als Praxisforschungsprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und von der Hochschule München wissenschaftlich begleitet. Das Konzept des Begegnungsworkshops wurde von Mitgliedern der Terra Media Akademie e.V. entwickelt und mit einem Künstler- und Pädagogen – Team durchgeführt.

Der gesamte Workshopverlauf wurde über 36 Tage filmisch dokumentiert. Das Ergebnis ist ein Medienpaket mit einem 5 – Kapitel – Film und pädagogischen Begleitmaterialien für die Bildungsarbeit. Es vermittelt, wie wir Fremdenfeindlickkeit überwinden, Vorurteile abbauen und Integration für ein konstruktives Zusammenleben in einer Einwanderungsgesellschaft fördern können.

INFORMATIONEN ZUM MEDIENPAKET: LINK